
Nachdem die Schlick seit 20 Jahren mein Home-Resort ist, war es schon sehr lange mein Wunsch eine dieser 600 Höhenmeter langen und bis zu 50 Grad steilen Couloirs zu befahren. Letzten Freitag war es soweit und ich durfte mir einen Traum erfüllen...

Anfangs war mein Gesprächspartner nicht sehr gesprächig, aber als er bemerkte, dass ich doch kein Tourist, sondern Einheimischer war, lockerte er doch etwas aus. Es handelte sich bei den Dreien um eingefleischte Ur-Stubaier um die 45 Jahre alt. Wie es unter Alpinisten üblich ist, warnten sie vor der extremen Steilheit, den Frühlingsbedingungen und rieten vor Allem von einem späten Start ab.
Noch am Nachmittag wurde dann auch von einem Einzelnen Snowboarder die linkeste Rinne befahren, welche wir am nächsten Tag zu befahren beabsichtigten. Es stellte sich heraus, dass es sich dabei um den Freeride World Tour Fahrer Niklas Hollsten handelte.
Ein späteres Gespräch mit einem Angestellten der Lawinenkommission, der vor einem Befahren der Rinne abriet, ergab, dass am Vortag sowohl unsere beabsichtigte Rinne, als auch die Schlicker Seespitze drei Mal gesprengt wurde (Anm.: Die Rinne ist in ihrem steilsten Stück ca. 50 Grad steil und durchgehend extrem Steil, sie ist somit nach strengem Einhalten der Lawinenregeln eigentlich nie zu befahren. Die LWS war an dem Tag ein 1er).
Die Bedingungen waren somit also perfekt, die Rinne war befahren und gesprengt worden und somit beschlossen Markus, Jörg und ich die Rinne am nächsten Tag zu befahren.

Oben angekommen mussten wir zunächst abfahren und Richtung Rinne kreuzen, bevor wir die Splitboards auseinanderbauten und auffellten um die ca. 800 Höhenmeter zum Einstieg bei den "Schlicker Mandln" hinaufzusteigen.

Der Einstieg in das Couloir fing unmittelbar extrem Steil an und war im obersten Teil, der sehr schattig war, noch mit richtigem Powder gefüllt. Die drei Abfahrtsspuren vor uns, machten also wenig aus.

Hier kam nun auch der steilste Teil der Rinne, welchen ich auf ca. 50 Grad schätze. Die drei Spuren vom Vortag machten sich hier viel schlimmer bemerkbar und so musste man sich sehr vorsichtig auf dem Schmelzharsch die schmale Rinne hinunterkämpfen.

Die Fotos geben einen guten Eindruck über die extreme Steilheit der Rinne und man versteht, warum diese nur sehr selten befahren werden.

Obwohl es so steil war, dass man in die Kurven springen musste und der Schnee abgefahren und hart war, kamen wir alle ohne größere Probleme zur Schlüsselstelle, bei der wir in eine andere Rinne einsteigen sollten, an.


Während der Befahrung zeigt sich, dass dem auch so war und so verließen wir die Spuren der drei Skifahrer, schnallten kurz die Boards ab und kletterten einige Meter den Gegenhang hinauf um in die rechteste (riders right) Rinne einzusteigen.
Bis hierher war auch der einzelne Snowboarder am Vortag hochgehiket und seine Spuren waren noch gut zu erkennen.

Nach über 600 Höhenmetern in einer beeindruckenden und Respekt einflößenden Rinne kamen wir nach ca. 4 Stunden wieder im Skigebiet an. Schwer keuchend, überglücklich und zufrieden die obligatorische High-5 und dann aufs Sennjoch um mit den Fotografen auf ein Bier anzustoßen.
Hier ist das Video zur Abfahrt:
Alle Fotos gibt es in der Galerie!
*Sören